Eine Mastektomie ist eine aufregende Angelegenheit. Das merkte ich spätestens beim Buchen des Zugtickets nach Hamburg, wo ich bei Frau Dr. Müller-Wittig operiert werden sollte.
Einen Tag vor der OP stand ich dann vor meinem leeren Rollkoffer und fragte mich, was ich einpacken sollte. Zum Glück empfahlen mir Freunde und Packlisten im Internet Hemden und Hoodies mit Reißverschluss. Diese sind deshalb nützlich, weil man in den ersten Tagen nach der OP die Bewegungsmöglichkeiten einer Schildkröte besitzt. Da wird das Anziehen mit Armen über dem Kopf doch etwas schwerer. Außerdem einen Jutebeutel, in dem man die Drainagen mit sich herumtragen kann. Was ich rückblickend unbedingt empfehlen würde, sind Ohrstöpsel. Aber dazu später mehr…
Die Bahnfahrt nach Hamburg war ruhig und ich kam sogar ohne Verspätung an. Nachdem ich, nach einer kleinen Suche,
die richtige U-Bahn-Station gefunden hatte, machte ich mich auf den Weg ins Krankenhaus, wo die OP-Aufnahme erledigt werden musste. Hier gab es eine Menge Papierkram zu unterschreiben: Formulare für die Versicherung, medizinische Fragebögen und vieles mehr. Außerdem hatte ich ein Gespräch mit einer Chirurgin, die meine Ausgangslage fotografierte und mich über mögliche Risiken aufklärte. Und danach ein weiteres Gespräch mit einer Anästhesistin, die weitere mögliche Komplikationen nannte. Zum Schluss wurde Blut abgenommen. Nach drei Stunden durfte ich endlich mit einer Thrombosespritze das Krankenhaus verlassen.
Vom Krankenhaus machte ich mich dann auf den Weg zu meinem Hostel, was relativ nah an der Haltestelle Sternschanze gelegen war. Zum Glück war der 12-Bett Schlafsaal noch komplett leer und es gab abschließbare Schränke, sodass ich mir keine Sorgen um meinen Koffer machen musste, den ich dort abstellte. Anschließend nutzte ich den restlichen Tag, um Hamburg zu erkunden und am Jungfernstieg die Schiffe zu betrachten. Das ist ziemlich gut gegen Aufregung! Als ich abends wieder ins Zimmer kam, war nur eine weitere Person aus England dort, mit der ich mich kurz unterhielt.
Die Nacht war ruhig, aber kurz, da mein Wecker um 5:30 Uhr klingelte. Eine Stunde später sollte ich nämlich auf der Station zur OP-Vorbereitung sein. Vorher traf ich zum Glück Frau Dr. Müller-Wittig, die mir Mut zusprach und trotz der Uhrzeit sehr fröhlich war. Die anschließende Vorbereitung war dann allerdings etwas chaotisch. Es gab kein Bett auf Station für mich, sodass ich mich auf einer anderen Station umziehen musste und das Bett nicht berühren durfte. Anscheinend hat man mich danach auch noch vergessen, denn ich saß etwa eine halbe Stunde in dem Zimmer im kalten OP-Hemd auf einem Holzstuhl. Der Weg zum OP erfolgte dann zu Fuß. Dort wurde ich gefragt, wo ich denn geblieben sei. Immerhin wirkte die Narkose sehr schnell.
Nach der OP hatte ich endlich ein Zimmer, das ich allerdings mit einem Bio-Mann teilte. Dieser stellte sich als nicht gesprächig heraus, was aber nicht so schlimm war, da ich den Rest des Tages sowieso sehr schläfrig war. Schmerzen hatte ich kaum, nur mein Druckverband -der zu fest angelegt wurde- drückte und behinderte mich beim Atmen. Das Schlafen stellte sich auch als etwas schwierig heraus, weil man nur auf dem Rücken liegen konnte. Aber das war nicht der einzige Grund: Mein Zimmernachbar schnarchte fürchterlich! Packt euch also besser Ohrstöpsel für alle Fälle ein…
Der nächste Tag war relativ unaufgeregt. Am besten war der Blaubeer-Muffin zum Nachtisch. Am dümmsten die Drainagen (Plastikflaschen, in die das Blut aus der Brust ablaufen kann), über die ich ständig stolperte und die darauf etwas unangenehm zogen. Das Ergebnis sah ich am nächsten Morgen und schaute sehr zufrieden in den Spiegel.
Bis auf kleine Schwellungen und eine dunkle rechte Brustwarze sah alles sehr gut aus. Nach dem Frühstück wurde ich endlich von den Drainagen erlöst und lief auf der Station herum, um ein wenig Zeit herumzutreiben. Die Zeit verging dann tatsächlich sehr schnell; nach nur drei Tagen wurde ich entlassen und von meinem Vater abgeholt.
Insgesamt kann ich Frau Dr. Müller-Wittig als Operateurin sehr empfehlen. Das Krankenhaus war auch gut, der Backfisch lecker und das Personal freundlich. Lediglich die Organisation hätte etwas besser sein können. Schade war auch, dass ich Fr. Dr. Müller-Wittig nach der OP nicht mehr gesehen habe.
Jetzt, etwa vier Monate nach der OP, kann ich immer noch nicht fassen, wie viel neues Lebensgefühl einem die Mastek ermöglicht. Keine nervigen Binder mehr und endlich wieder schwimmen können! Als ich nach drei Jahren zum ersten Mal wieder im kalten Badesee stand, wollte ich gar nicht mehr heraus.
Anmerkungen: Die Mastektomie erfolgte bei Frau Dr. Stefanie Müller-Wittig im Agaplesion Krankenhaus in Hamburg Eimsbüttel. Die Schnitttechnik war Peri-Areolar mit einer Verkleinerung der Warzenvorhöfe bei einer Ausgangslage zwischen 70 A/B. Operationsergebnisse findet ihr zum Beispiel in der Galerie des ftm-Portals (kostenlose Anmeldung nötig).
Beitragsbild: ©Theresa, 2016
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