Das wahrscheinlich nervigste, wenn ihr versucht eine Kostenübernahme von der Krankenkasse zu bekommen… Der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK). Leider habe ich oft das Gefühl (mit meinen Erfahrungen bisher), dass dieser nicht sehr Trans*-freundlich ist – aber da muss jede*r ihre*seine eigenen Erfahrungen machen.
Was ist der Medizinische Dienst?
Der Medizinische Dienst wird von den Krankenkassen beauftragt, um die medizinische Notwendigkeit einer Behandlung festzustellen (so fern sich diese nicht über die Krankenkassenkarte als vertragliche Leistung abrechnen lässt – so zum Beispiel die Psychotherapie i.d.R.). Der MDK ist ein externer Dienstleister, der meistens aufgrund der Aktenlage, selten auch durch persönliche Begutachtung eine Empfehlung abgibt, ob eine Behandlung notwendig ist oder nicht. Bei der Begutachtung richtet dieser sich nach den sogenannten „Begutachtungsanleitung für Geschlechtsangleichende Maßnahmen bei Transsexualität“. Diese hab ich euch hier eingestellt.
In dieser Anleitung sind auch die für die geschlechtangleichenden Maßnahmen geltenden Regelfristen genannt.
Wichtig ist aber immer: Der MDK empfiehlt nur! Entscheiden wird letztlich der Sachbearbeiter. Die Behandlung darf bei positivem Votum des MDK und Kostenübernahmezusage der Krankenkasse i.d.R. nur durch Vertragsärzte bzw. in Vertragskliniken erbracht werden.
Zu welchen Entscheidungen wird der Medizinische Dienst beauftragt?
Epilationsbehandlung zur Änderung der Gesichtsbehaarung (nur MzF)
Hier muss von der Krankenkasse die Epilationsbehandlung mittels Nadelepilation(Elektrokoagulation) übernommen werden, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:
- Die Diagnose wurde durch einen Psychiater/Psychotherapeuten anhand der diagnostischen Kriterien überprüft und gesichert.
- Komorbiditäten (insbesondere psychische) sind ausreichend stabilisiert bzw. ausgeschlossen.
- Die Behandlungen beim Psychiater/Psychotherapeuten wurden nachweisbar in ausreichender Intensität und Dauer durchgeführt (i.d.R. mind. 12 Monate) und der Therapeut ist zu dem klinisch begründeten Urteil gekommen, dass die genannten Ziele der psychiatrisch/psychologischen Behandlung hinreichend erreicht sind.
- Der Patient hat das Leben in der gewünschten Geschlechtsrolle erprobt (Alltagstest i.d.R. mind. 12 Monate).
- Die gegengeschlechtliche Hormon-Ersatztherapie erfolgt, soweit sie nicht medizinisch kontraindiziert ist. Kontraindikationen sind im Gutachten darzulegen.
- Ein krankheitswerter Leidensdruck liegt vor.
- Voraussetzungen und Prognose für die geplante geschlechtsangleichende Epilationsbehandlung sind positiv
Brustchirurgie
MzF – Brustvergrößerung (Mammaaugmentation)
Der Brustaufbau ist primär kosmetischer Natur. Deshalb legt der MDK hier die gleichen Maßstäbe wie bei Cis-Frauen an. Das heißt, dass eine Brustvergrößerung nur bei Vorliegen einer entstellenden Asymmetrie (Ungleichheit der einzelnen Brüste) oder einer Agnesie (vollständiges Fehlen) der Brüste in Frage kommt. Wobei vollständiges Fehlen hier (zahlreiche Beispiele aus der Praxis) bedeutet, dass die Brust nach ausreichen langer Hormon-Ersatztherapie kein volles A-Cup erreicht hat.
Die Voraussetzungen im Detail:
- Die Diagnose wurde durch einen Psychiater / Psychotherapeuten anhand der diagnostischen Kriterien überprüft und gesichert.
- Komorbiditäten (insbesondere psychische) sind ausreichend stabilisiert bzw. ausgeschlossen.
- Die Behandlung beim Psychiater / Psychotherapeuten wurde nachweisbar in ausreichender Intensität und Dauer durchgeführt (in der Regel mind. 18 Monate) und der Therapeut ist zu dem klinisch begründeten Urteil gekommen, dass die genannten Ziele der psychiatrisch- psychotherapeutischen Behandlung erreicht sind.
- Der Patient hat das Leben in der gewünschten Geschlechtsrolle erprobt (Alltagstest in der Regel mind. 18 Monate).
- Die gegengeschlechtliche Hormon-Ersatztherapie wurde in ausreichender Intensität und Dauer durchgeführt (in der Regel mind. 24 Monate). Sollte eine Hormonbehandlung aus medizinischen Gründen medizinisch kontraindiziert sein, sind die Kontraindikationen im Gutachten darzulegen.
- Ein krankheitswertiger Leidensdruck liegt vor.
- Voraussetzungen und Prognose für die geplante Brustformkorrektur sind positiv.
Eine operative Genitalangleichung (da die Brüste nach dieser nochmals einen Wachstumsschub bekommen können) sollte erfolgt sein. In Einzelfällen wird die Brustvergrößerung aber auch schon vor der GaOP übernommen.
FzM – Brustentfernung (Mastektomie)
Die Indikation für eine Mastektomie ist bei FzM-Transsexuellen i.d.R. begründet.
Die Voraussetzungen sind im Bezug auf Diagnose / Komorbitäten / Psychiatrische bzw. Psychotherapeutische Behandlung / Alltagstest / Leidensdruck / positive Prognose die gleichen wie für den Brustaufbau bei MzF-Transsexuellen. Den einzigen Unterschied gibt es bei der Hormon-Ersatztherapie. Diese muss mind. 6 Monate durchgeführt werden (sofern nicht medizinisch kontraindiziert). In besonderen Ausnahmefällen (ich nehme mal an z.B. besonders große Brüste) kann die Mastektomie auch vorgezogen werden um den Alltagstest zu erleichtern.
Genitalangleichende operative Maßnahmen (GaOP)
Die Voraussetzungen sowohl für MzF- wie auch FzM-Transsexuelle lauten wie folgt:
- Die Diagnose wurde durch einen Psychiater / Psychotherapeuten anhand der diagnostischen Kriterien überprüft und gesichert.
- Komorbiditäten (insbesondere psychische) sind ausreichend stabilisiert bzw. ausgeschlossen.
- Die Behandlung beim Psychiater / Psychotherapeuten wurde nachweisbar in ausreichender Intensität und Dauer durchgeführt (in der Regel mind. 18 Monate) und der Therapeut ist zu dem klinisch begründeten Urteil gekommen, dass die genannten Ziele der psychiatrisch- psychotherapeutischen Behandlung erreicht sind.
- Der Patient hat das Leben in der gewünschten Geschlechtsrolle erprobt (Alltagstest in der Regel mind. 18 Monate).
- Die gegengeschlechtliche Hormon-Ersatztherapie wurde in ausreichender Intensität und Dauer durchgeführt (in der Regel mind. 6 Monate). Sollte eine Hormonbehandlung aus medizinischen Gründen medizinisch kontraindiziert sein, sind die Kontraindikationen im Gutachten darzulegen.
- Ein krankheitswertiger Leidensdruck liegt vor.
- Voraussetzungen und Prognose für die geplante geschlechtsangleichende Genitaloperation sind positiv.
Stimmlagen- und Kehlkopfkorrekturen (nur MzF)
Die Voraussetzungen für eine operative Maßnahmen sind die gleichen wir für die GaOP. In begründeten Ausnahmefällen ist allerdings eine phonochirurgische Stimmerhöhung auch schon früher möglich, um den Alltagstest zu erleichtern.
In einigen Fällen ist auch eine Verkleinerung des Adamsapfels gewünscht. Dies stellt eine kosmetische Operation dar und ist somit nur indiziert, wenn der Adamsapfel besonders prominent ist, also zu einem deutlich entstellenden Erscheinungsbild führt.
So… Sorry, dass das jetzt so lang und teilweise medizinisch-schwülstig geworden ist, aber so ist das nunmal beim MDK … Wenn euch einige Begriffe nicht ganz klar sind, könnt ihr gerne unten einen Kommentar da lassen, dann versuche ich das auch noch genauer zu erklären.
Abschließend ist mir nochmal wichtig zu sagen, dass dies hier nur die allgemeinen Regeln sind. Es kann durchaus sein, dass in Einzelfällen auch abweichend von den Regeln entschieden wird.
Hi, ich bin Theresa, 22 äääh 23 Jahre (jung?) und eine der Gründerinnen dieses Blogs. Der Grundgedanke besteht darin, so viele Informationen wie möglich gebündelt und verständlich für euch anzubieten. Wenn ihr also Wünsche oder Kritik habt zögert nicht, mir eine Nachricht zu schreiben.
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