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Intersexualität – der Film XXY

xxy movie poster intersexualität

Neulich kam der Film XXY bei Einsfestival und ich habe mir diesen angeschaut. Schon nach kurzer Zeit war ich wahnsinnig überrascht, wie sehr mich der Film mitnimmt, obwohl Intersexualität und Transsexualität ja eigentlich unterschiedliche Problematiken (zwar mit Überschneidungen aber trotzdem eigentlich unterschiedlich) sind. Warum mich das so emotional ergriffen hat später. Erst einmal ein paar Informationen über den Film. 

(C) Lucia Puenzo

Um was geht es in dem Film?

Zu aller erst möchte ich eine kleine Missverständlichkeit beseitigen. Der Filmtitel könnte suggerieren, es ginge um Menschen mit Klinefelter-Syndrom (gekennzeichnet ist dies durch den Chromosomensatz XXY – es geht aber einher mit einem vollständig männlich entwickelten Körper). Im Film ist Alex, die Hauptfigur allerdings Hermaphrodit (besser kann ich es nicht beschreiben), das heißt beim Alex sind beide Geschlechtsmerkmale ausgeprägt. Der Filmtitel bezieht sich also auf die Kombination von „XX“ und „XY“ um zu verdeutlichen, dass Alex so zusagen zwischen beiden Geschlechtern steht.

Ab hier könntet ihr vielleicht gespoilert werden – deswegen: Spoiler Alert! 😉

ich will trotzdem weiterlesen!

Alex kommt wie oben bereits beschrieben als Kind mit beiden Geschlechtsmerkmalen auf die Welt. Die Eltern sozialisieren ihr Kind zunächst weiblich und verabreichen Hormone (Östrogene) um eine Vermännlichung zu verhindern. Sie entscheiden sich allerdings gegen eine operative „Normalisierung“ des Geschlechtsteiles direkt nach der Geburt, da sie ihrem Kind diese Entscheidung selbst überlassen möchten.

Alex wurde in Argentinien geboren. Da ihre Eltern (ich verwende nun erstmal die weiblich Form, da Alex zuerst weiblich sozialisiert wurde) Alex vor den möglichen Repressalien durch mitwissende schützen wollen, ziehen sie an die Küste Uruguays wo niemand von Alex Vorgeschichte weiß.

Alex‘ Mutter lädt eines Tages „Freunde“ aus Argentinien ein. Einen Chirurgen mit seiner Familie. Sie möchte mit ihrer Tochter die Möglichkeiten einer Operation diskutieren – davon wissen allerdings weder Alex noch ihr Vater. Sie denken, es handele sich um einen normalen Besuch.

Mit dem Chirurgen reisen auch seine Frau und deren Sohn (Álvaro) mit nach Uruguay. Aus sexueller Neugierde möchte Alex Álvaro verführen – dies gelingt ihr nach kurzer Zeit auch. Doch zu Álvaros Überraschung übernimmt Alex den Aktiven Part (bis dahin wusste Álvaro nichts von Alex‘ Intersexualität). Wider Erwarten findet Álvaro gefallen daran und [meine persönliche Interpretation!] entdeckt seine Homosexualität. Auch Alex findet gefallen an der männlichen Rolle und setzt endgültig ihre Hormone ab, da sie sich nicht weiblich fühlt.

Es kommt auch zu einer Szene, in der Alex von mehreren Jugendlichen aus dem Dorf aufgegriffen und „vergewaltigt“ wird. Bzw. sie versuchen sie zu vergewaltigen. Als Alex‘ Vater davon erfährt, fährt dieser wutentbrannt in die Stadt und droht den Jugendlichen seinem „Sohn“ in Ruhe zu lassen. Dies ist das erste Mal, dass Alex Vater diesen so bezeichnet.

Alex entschließt sich dann auch weiterhin keine Hormone mehr zu nehmen und sich auch keinen Operationen zu unterziehen. Er ist perfekt, so wie er ist.

Der Trailer

Meine Meinung

Der Film war zumindest für mich sehr schwere Kost. Er ist größtenteils traurig und beschreibt die Probleme, Ängste aber auch Wünsche von Alex. Dies geschieht aber ohne wirkliche „Lichtmomente“. Der Film verbreite eher eine konstant düstere Stimmung. Für einen entspannten DVD Abend definitiv nicht zu empfehlen – ihr solltet wissen, worauf ihr euch einlasst und bereit sein, euch mit einem unangenehmen Thema zu beschäftigen.

Alles in allem ist der Film aber sehr realistisch gemacht.

Warum mich der Film so mitgenommen hat

Dass der Film mich relativ stark emotional ergriffen hat, hatte ich ja bereits eingangs erwähnt. Klar – ich bin ein mitfühlender Mensch… Bei Filmen bin ich generell etwas nah am Wasser gebaut aber als ich diesen Film gesehen habe war es schlimmer als sonst. Der Film hat mich regelrecht getriggert.

Ihr fragt euch jetzt sicherlich, warum es mich getriggert hat – schließlich bin ich selbst nicht intersexuell (zumindest soweit ich weiß). Trotzdem habe ich mir als kleines Kind immer gewünscht intersexuell zu sein. Ich hatte mal zufällig davon gehört und davon, dass interesexuelle beide Geschlechtsorgane besitzen (ich weiß, totaler Quatsch – Intersexualität kann mit beiden Geschlechtsorganen einhergehen, muss aber nicht, da es ja eine enorme Vielzahl an Möglichkeiten gibt). Trotzdem habe ich an der Vorstellung beides zu haben gefallen gefunden. Es hat für mich die Tatsache, eine Wahl zu haben verkörpert. Es wäre für mich eine Möglichkeit gewesen, meinem gehassten Geschlecht zu entfliehen. Eine Möglichkeit, meine „komischen Gefühle“ zu rechtfertigen.

Obwohl das lediglich eine kindliche Fantasie war, hat es mich dann doch ziemlich mitgenommen. Einerseits, weil ich etwas neidisch auf Alex, weil er/sie die Wahl hat, andererseits hat es meine „perfekte Illusion“ zerstört, dass alles einfacher gewesen wäre, wäre ich nur intersexuell (natürlich wäre es noch einfacher gewesen, als Cis-Frau zur Welt zu kommen aber dies schien für mich keine Option mehr zu sein, da ich ja schon männliche Geschlechtsorgane hatte). Der Film hat sehr emotional gezeigt, was hätte passieren können, wäre ich intersexuell. Wie grausam Kinder und jugendliche sein können.

Wahrscheinlich wäre es mir auch nicht anders gegangen, hätte ich zu meiner Transsexualität schon in der Grundschule gestanden (da ich dort schon ohne den anderen davon zu erzählen gemobbt wurde). Trotzdem war die Möglichkeit, als intersexuelle Person wählen zu können eine schöne Vorstellung für mich.

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